16. April 2020
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Use Cases für die Integration von Radar- und Lidarsensorik in IoT-Projekte

Radar und Lidar sind einigen vermutlich durch die Automobilbranche oder zumindest durch die zahlreichen Blitzer auf den deutschen Straßen ein Begriff. Vor allem die Radarsensorik vermeidet durch Technologien wie Abstandsregeltempomat und Auffahrkollisionswarner bereits zahlreich Unfälle, die auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Des Weiteren zählen Radar und Lidar zusammen mit Kameras zu den Schlüsselkomponenten für die Umfelderfassung von autonomen Fahrzeugen.

Motivation des Artikels

Im Rahmen meiner Masterabeit habe ich mich bis zu Beginn dieses Jahres näher mit der Radarsensorik von autonom fahrenden Trucks befasst. Da der Radar und Lidar auch in sämtlichen anderen IoT-Bereichen relevant ist, möchte ich in dem vorliegenden Artikel kurz näher auf die Funktionalität beider Messmethoden eingehen und mögliche Use Cases aufzeigen.

Radar

Der Begriff Radar steht für radio detection and ranging und hat seine Ursprünge in der Militärstechnik. Seit ca. 1998 wird der Radar beispielsweise als Geschwindigkeitsregelung oder Auffahrschutz auch im Verkehrsbereich eingesetzt. Die Messung erfolgt durch das Aussenden elektromagnetischer Strahlung im Mikrowellenbereich. Die elektromagnetischen Wellen verlassen dabei den Sensor über eine Antenne gerichtet. Ein wichtiger Paramater des Radars ist die Radar Cross Section (Radarquerschnitt) und hängt vor allem von der Art und Geometrie des Zielobjekts ab. So besitzt ein verhältnismäßig stark reflektierendes flaches Objekt einen größeren Radarquerschnitt als wir ein stark absorbierendes Objekt mit runder Geometrie. Der Radarquerschnitt kann also zur Identifizierung eines Objektes genutzt werden.

Wie ermöglicht der Radar eine Abstands- und Geschwindigkeitsmessung?

Die Geschwindigkeitsmessung der Zielobjekte erfolgt über die Auswertung des Doppler-Effekts, der bei der Veränderung des Abstands zwischen Sender und Empfänger auftritt. Da elektromagnetische Wellen bei den Messungen generell nur als Träger der Information dienen, müssen diese zuvor senderseitig aufmoduliert und empfangsseitig demoduliert werden, um Information über den Abstand zum gemessenen Objekt zu erlangen. Beim häufig eingesetzte FMCW (Frequency Modulated Continuous Wave)- Radar geschieht das über eine Frequenzmodulation. Ohne die Modulation ist nur die Messung der radialen Geschwindigkeit möglich.

Lidar

Lidar steht für Light Detection and Ranging und ermöglicht, wie der Name schon verrät, durch das Aussenden von Laserstrahlen eine Abstand- und Geschwindigkeitsbestimmung. Da es sich bei Laserstrahlen ebenfalls um elektromagentische Wellen handelt, erfolgt die Messung ähnlich wie beim Radar. Durch die Auswertung der zeitlichen Differenz von Aussenden und Empfangen des Signals und Änderung der Wellenlänge kann ein 3D-Bild des Zielobjekts generiert werden.

Wo liegen konkret die Unterschiede zum Radar?

Sie unterscheiden sich vor allem in ihrer Wellenlänge und Frequenz, weshalb das Signal des Lidars leichter reflektiert und absorbiert wird als das Signal des Radars. So kann der Lidar zum Beispiel Nebel und Gischt voneinander unterscheiden, während ein Radar beide nicht einmal wahrnimmt. Des Weiteren besitzt der Radar durch seine Wellenlänge eine deutlich größere Reichweite und eignet sich damit besser für die Detektion von Objekten in weiter Entfernung.

Hinsichtlich des autonomen Fahrens hat sich der Lidar bisher nur bedingt etabliert und befindet sich aufgrund der zahlreichen Störgrößen wie eben schlechte Wetterbedingungen noch in der Testphase. Die hier unerwünschten Effekte werden in anderen Bereich genutzt, um kleinere Partikel voneinander unterscheiden zu können.

Use Cases

Nachdem nun beide Sensoren bekannt sind stellt sich die Fragen aller Fragen: Wo liegen die Vor- und Nachteile und in welche Use Cases integriere ich was?

Beginnen wir wieder mit dem Radar. Sein klarer Vorteil gegenüber des Lidars ist die long range Eigenschaft und die geringe Empfindlichkeit gegenüber Störgrößen, wie zum Beispiel Nebel oder Staubpartikel. Zudem ist der Radar in der Herstellung und Anschaffung wesentlich günstiger als ein Lidar. Der große Nachteil, weshalb ein Radar meist nicht allein für die Umfelderfassung ausreicht, ist die geringe Auflösung. Umrisse von Objekten können nicht exakt erfasst werden. Dieser Nachteil kann durch den Lidar Sensor kompensiert werden. Die vielen Laserimpulse (im Bereich 100.000 Impulse/Sekunde) die zeitgleich ausgesendet werden, ermöglichen eine exakte Erfassung und 3D-Darstellung des Objekts. Das im letzten Absatz behandelte starke Reflexion- und Absorptionsvermögen kann je nach Use Case als Vor- und Nachteil angesehen werden. Ein klarer Nachteil sind hingegen die hohen Anschaffungskosten eines Lidars. Daher würde ich für eine einfache Geschwindigkeits- und Abstandsbestimmung von gut Erkennbaren Objekten zunächst zum Radar greifen. Da man das in den meisten Fällen jedoch nicht pauschalisieren kann, schauen wir uns im nächsten Schritt mal ein paar mögliche Einsatzgebiete an.

Zu Beginn wurde bereits der Einsatz von Radar und Lidar im Automobilbereich thematisiert. Aufgrund des Kostenaspekts und der Anforderungen an das System wird für Fahrerassistenzsysteme wie den oben genannten Abstandsregeltempomat und Auffahrkollisionswarner ausschließlich Radar-Sensorik verwendet. Für den Use Case autonomes Fahren werden die Fahrerassistenzsysteme unter anderem um eine exakte Umfelderfassung ergänzt. Neben dem Radar ist dort der Einsatz von Kameras unverzichtbar. Ein weiterer Anwendungsfall, neben der Automobilbranche, ist die Robotik, um zum Beispiel durch eine Abstandsmessung Kollisionen mit Objekten zu vermeiden. Theoretisch könnten je nach Abstand sowohl Lidar als auch Radar verwendet werden – für die meisten Use Cases sollte ein Radar allerdings ausreichend sein. Außerdem kann in der Produktion mithilfe eines Radars und Lidars die Geometrie und Position von Bauteilen ermittelt werden, um so mögliche Fehler zu detektieren oder Objekte zuordnen zu können. Je nachdem wie exakt die Kontur eines Objektes erkannt werden muss genügt hier ein Radar und liefert aufgrund von möglichen Störgrößen wie Staub vermutlich ein zuverlässigeres Ergebnis als der Lidar. Ein weiterer Einsatzbereich ist in der Gebäudetechnik/Smart Home. Dort kann der Radar zum Beispiel zur Detektion von Bewegungen, zum Tracking oder auch zur Winkelbestimmung eingesetzt werden.

Wie genau die Sensoren für Lidar/Radar in eine IoT-Architektur eingebunden werden könnten und auf was geachtet werden sollte, findet sich auf der IoTSeite von Novatec: https://www.novatec-gmbh.de/iot 

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